Jeder Mensch produziert beim Niesen, Reden, Lachen oder Husten kleinste Speicheltröpfchen. Sie werden an die Umgebungsluft abgegeben. Diese Tröpfchen bilden das Aerosol. Durch sie können sich Menschen über die Tröpfcheninfektion anstecken.
Wie verhalten sich die Tropfen in der Umgebung?
Erst einmal greift die Erdanziehung. Der Tropfen fällt nach unten. Dabei wird er von der Gravitation beschleunigt und von der Luftreibung abgebremst. Er beschleunigt so lange, bis die Kräfte im Gleichgewicht stehen.
Aus der resultierenden Kraft kann man die Geschwindigkeit und den zurück gelegten Weg zum Zeitpunkt (t) berechnen. Bei realen Räumen muss noch der Einfluss der Luftbewegung berücksichtigt werden. In der Tabelle sind die Fallzeiten für Tropfen unterschiedlicher Größe bei unterschiedlcihen Luftbewegungen im Raum dargestellt.
Zeit, bis der Tropfen 1,7m nach unten gefallen ist [s]
bei einem Aufwind von |
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Tropfendurchmesser [µm] |
0 m/s |
0,5 m/s |
1 m/s |
1,5 m/s |
2 m/s** |
1 |
10,9 |
-* |
-* |
-* |
-* |
5 |
4,9 |
-* |
-* |
-* |
-* |
10 |
3,5 |
-* |
-* |
-* |
-* |
50 |
1,6 |
2,9 |
16,4 |
-* |
-* |
100 |
1,2 |
1,7 |
3,1 |
27,8 |
-* |
500 |
0,7 |
0,8 |
0,9 |
1,1 |
1,3 |
1000 |
0,6 |
0,7 |
0,7 |
0,8 |
0,9 |
Die Tropfen, für die keine Fallzeit angegeben ist, bewegen sich ausschließlich mit der Luftströmung. Sie werden nur dann aus der Atmosphäre entfernt, wenn sie zufällig auf eine Oberfläche treffen oder eingeatmet werden.
Es zeigt sich, dass Tropfen <10µm praktisch immer der Luftbewegung im Raum folgen. Bei etwas stärkerer Luftbewegung (2 m/s = leichter Zug), wie er in Innenräumen durchaus vorkommt, bleiben selbst Tropfen mit 100 µm Durchmesser in der Schwebe.
So bildet sich in einem Raum ein schwebefähiges Aerosol. Darin sind Tröpfchen bis zu einer Größe von 100 µm Durchmesser enthalten. Noch größere Tropfen fallen hingegen sehr schnell zu Boden.
Das von Menschen abgegebene schwebefähige Aerosol verbleibt also in der Raumluft. Dort reichert es sich an, bis eine Ausgleichskonzentration erreicht ist. Dann wird genausoviel Aerosol freigesetzt, wie abtransportiert. Die Höhe der Ausgleichskonzentration hängt im Wesentlichen von der Menge an freigesetztem Aerosol und vom Luftwechsel in dem Raum ab. Wieviel Aerosol freigesetzt wird, hängt wiederum von der Anzahl der Menschen und deren Gesundheitszustand (Husten) ab.
Eine sehr gut Simulation der Verbreitung eines Aerosols beim Husten stammt von den Universitäten Aalto und Helsinki in Finnland. Sie stellen dar, wie sich die Aerosolwolke in einem Supermarkt ausbreitet.
Dr. Franz Wiesbauer MPH, Facharzt für Innere Medizin stellt im Zusammenhang mit der indirekten Tröpfcheninfektion eine interessante Theorie auf.
Kleine Tröpfchen bleiben in Schwebe, weil sie der Luftströmung im Raum folgen. Atmet ein Mensch ein, so erzeugt er dadurch lokal eine sehr starke Strömung. Die kleinen Tröpfchen gelangen in den Köper. Nun ist bekannt, dass Tröpfchen, die kleiner als 10µm sind durch den Luftstrom bis in die Lunge gelangen. Diese Tröpfchen sind als lungengängige Fraktion eine gängige Größe der Arbeitsmedizin. Es ist also zu erwarten, dass ein merklicher Anteil des eingeatmeten Aerosols bis in die Lunge vordringt. Gleichzeitig ist bekannt, dass bei einem schweren Verlauf der Corona Erkrankung immer die Lungen stark betroffen sind. Dr. Wiesbauer zieht nun den Rückschluss, dass eine Infektion durch Tröpfchen einen schweren Krankheitsverlauf begünstigt, wenn nicht gar Voraussetzung dafür ist. Dabei handelt es sich um eine nicht bewiesene Theorie. Die Herleitung scheint aber plausibel.
Einen anderen straken Hinweis auf die Wichtigkeit der Aerosolinfektion stellen die Infektions Hot Spots dar:
Alle diese Fälle zeigen, dass sich immer nur dort eine nennenswerte Menge an Menschen infizieren, wenn
zusammenkommen.
Umgekehrt betrachtet war es auch während des Shut Downs möglich in den Supermärkten einzukaufen. Dabei gab es lange Zeit keine Mundschutzpflicht und keinen Spuckschutz. Trotzdem waren Kassiererinnen nicht signifikant von einer Ansteckung betroffen.
An einem ganz anderen Beispiel kann man sich das tatsächliche Ausbreitungsverhalten von Aerosol und die Aufnahme durch Menschen ebenfalls verdeutlichen.
Es ist vielfach nachgewiesen, dass Personen, die sich lange Zeit in verrauchten Räumen aufhalten, diesen Rauch in ihrer Lunge akkumulieren. Dieses Beispiel zeigt, dass man nicht sehr nahe an einer Aerosolquelle sein muss um eine relevante Menge an Tröpfchen aufzunehmen.
Am Beispiel Zigarettenrauch kann man sich auch sehr schön deutlich machen, wie sich Aerosol im Raum verbreitet. Im Gegensatz zu den Speicheltröpfchen ist Zigarettenrauch gut sichtbar und die Ausbreitung nachvolziehbar. In etwa so können Sie sich auch das Verhalten von Speichel-Aerosol in einem Raum vorstellen.
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